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- Great Ape Project


Great Ape Project relaunched

Ethik-Preis 2011 der Giordano Bruno-Stiftung für Paola Cavalieri und Peter Singer


Festakt für die Initiatoren des Great Ape Project in der Deutschen Nationalbibliothek Frankfurt


Die italienische Philosophin Paola Cavalieri und der australische Philosoph Peter Singer erhielten den mit 10.000 Euro dotierten „Ethik-Preis der Giordano-Bruno-Stiftung“. Der Festakt zur Preisverleihung fand am Freitag, dem 3. Juni 2011, in der Deutschen Nationalbibliothek in Frankfurt am Main statt. Cavalieri und Singer wurden für ihr engagiertes Eintreten für Tierrechte ausgezeichnet, insbesondere für die Initiierung des Great Ape Project (GAP).

Unterstützt von renommierten Primatologen wie Jane Goodall fordert das Great Ape Project für Orang-Utans, Gorillas, Bonobos und Schimpansen einige jener Privilegien ein, die bisher nur für Menschen gelten: Recht auf Leben, Recht auf Freiheit und ein Verbot der Folter.

Es würde somit als strafbares Unrecht gelten, Menschenaffen in medizinischen Experimenten zu schädigen, sie in Gefangenschaft unter unwürdigen Bedingungen zu halten, zu Tode zu richten oder ihren Lebensraum zu zerstören.


"Wir sind nicht die Krone der Schöpfung"


In Neuseeland und Spanien wurden dazu bereits Gesetzesentwürfe erarbeitet. Die Giordano-Bruno-Stiftung unterstützt derartige Bestrebungen, da sie sich „folgerichtig aus den Prämissen des evolutionären Humanismus ergeben“, wie Stiftungssprecher Michael Schmidt-Salomon betont: „Wir Menschen sind nicht die Krone der Schöpfung, sondern evolutionär entstandene Organismen wie andere auch. Das sollte sich in einem verantwortungsvolleren Umgang mit der nichtmenschlichen Tierwelt niederschlagen, speziell in unserem Verhältnis zu jenen Lebewesen, mit denen wir unsere Evolutionsgeschichte seit Jahrmillionen teilen.“

Der „Ethik-Preis der Giordano-Bruno-Stiftung“ wurde in diesem Jahr erstmalig vergeben. Während der „Deschner-Preis“ der Stiftung, der vor vier Jahren an den Evolutionsbiologen und Bestsellerautor Richard Dawkins ging, für die religions- und ideologiekritische Seite der gbs stehe, sollte mit „dem Ethik-Preis das Augenmerk auf das eigentliche Ziel der humanistischen Religionskritik gelenkt werden“. Es gehe darum, so Schmidt-Salomon, „positive säkulare Alternativen zu entwickeln, die uns Menschen zu einem glücklicheren und ethisch verantwortungsvolleren Leben befähigen. Dies setzt unter anderem voraus, dass wir uns von der größenwahnsinnigen Vorstellung befreien, wir stünden über der Natur. In Wahrheit sind wir ein Teil von ihr und mit den Schimpansen enger verwandt als diese mit den Gorillas. Eine zeitgemäße Ethik muss daraus Konsequenzen ziehen. Paola Cavalieri und Peter Singer haben das in vorbildlicher Weise getan.“

"Viele Vordenker wurden nicht geachtet, sondern geächtet"


Dass Peter Singer in Deutschland höchst umstritten ist, ist Schmidt-Salomon bewusst: „In den 1990er Jahren gab es eine skandalöse Rufkampagne gegen ihn, gestrickt aus grotesken Fehldeutungen und böswilligen Unterstellungen. Leider existierte damals noch keine Giordano-Bruno-Stiftung, die dem hätte entgegenwirken können. Ich bin überzeugt: Wer die Bücher Peter Singers gelesen und verstanden hat, kann nur zu dem Urteil kommen, dass er einer der klarsten und zugleich mitfühlendsten Denker unserer Zeit ist. Leider ist es so, dass viele Vordenker der Menschheit in ihrer Zeit nicht geachtet, sondern geächtet wurden. Peter Singer ist da in guter Gesellschaft.“

Auf dem Festakt in der Deutschen Nationalbibliothek sprachen neben Singer, Cavalieri und Schmidt-Salomon der renommierte Primatologe Volker Sommer sowie der Psychologe und Tierrechtler Colin Goldner.

 

>> gbs-Broschüre (pdf): Grundrechte für Menschenaffen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

>> gbs-Artikel: Signal für Tierrechte und aufgeklärte Streitkultur

>> hpd-Interview mit Colin Goldner: Great Ape Project relaunched

 

Seit Anfang Juli 2011 ist die neue website des Great Ape Project online

 

 


Sebastian, Alfons und Lutz

Ein langjähriger Kampf engagierter Tierrechtler mit dem Ziel, drei unter unsäglichen Bedingungen im Zoo Straubing gehaltene Schimpansen aus ihrem Elendsdasein zu befreien, hat für zwei von ihnen zu einer substantiellen Verbesserung ihrer Lebenssituation geführt; für den dritten gab es ein (relatives) Happy End.

 

 


Stellungnahmen

zur Haltung von Schimpansen in Gefangenschaft

 

      Schimpanse Sebastian (35) im Straubinger Zoo

 

Volker Sommer

hat an der Universität London den Lehrstuhl für Evolutionäre Anthropologie inne

Affen sind den Menschen nahe, aber die Nähe ist nur ein Beinahe. Das führt zu einem Dilemma: Weil uns hinreichend ähnlich, werden unsere Verwandten als abgerichtete Witzfiguren in Fernsehen und Zirkus missbraucht, zum Anstarren in Zoos eingesperrt oder als Lieferanten von Blut und Organen ausgeschlachtet.

 

Jane Goodall

Die Schimpansen sind näher mit uns verwandt als alle anderen Tiere. Schimpansen haben uns über unsere eigene Entwicklung mehr gelehrt als jedes andere Tier. Wenn man all ihre physiologischen, geistigen und emotionalen Ähnlichkeiten mit uns betrachtet, kann man erst erkennen, worin wir uns unterscheiden. Welche Abzweigung hat der Mensch in der Evolution genommen, die ihn anders macht als die restlichen Tiere? Die Schimpansen zeigen uns, was es bedeutet, Mensch zu sein.

 

Hanno Würbel

tierrechte 3.07 - Nr. 41, August 2007 Menschen für Tierrechte - Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V. Interview von Marion Selig

Der Leiter der Professur für Tierschutz und Ethologie am Fachbereich Tiermedizin der Justus-Liebig-Universität in Gießen, Prof. Dr. Hanno Würbel, spricht deutliche Worte, wenn es um das Wohlergehen von Tieren im Zoo geht. So hält er eine 'Null-Toleranz' für haltungsbedingte Störungen des Verhaltens von 'Zootieren' für notwendig. tierrechte sprach mit dem Experten für Verhaltenskunde.

TIERRECHTE: Herr Prof. Würbel, Zoos haben sich im Laufe der Zeit verändert. Vom bloßen Zurschaustellen im Käfig geht der Trend dahin, den Tieren größere Gehege anzubieten. Geht es den Tieren darin automatisch besser?

HANNO WÜRBEL: Ja, wenn auch nicht automatisch. Platz allein garantiert noch kein Wohlergehen, dazu braucht es zusätzlich artspezifische Reize und Strukturen. In den meisten Zoos ging diese Entwicklung jedoch Hand in Hand, und reizarme, unstrukturierte Gehege werden glücklicherweise zunehmend seltener. Diese Veränderung beruht allerdings teilweise auf einer veränderten Inszenierung der Tiere. Man will Tiere in natürlichen Lebensräumen zeigen, um den veränderten Zuschauer-Erwartungen gerecht zu werden. Natürlich aussehende Gehege müssen allerdings nicht notwendigerweise tiergerecht sein, und die Illusion natürlicher Lebensräume kann Probleme kaschieren.

TIERRECHTE: Bei welchen Tierarten sehen Sie besondere Probleme?

HANNO WÜRBEL: Probleme sehe ich in erster Linie bei einigen großen Raubtieren, bei Elefanten und bei Menschenaffen. Das natürliche Nahrungssuch- und Beutegreifverhalten von Raubtieren wird im Zoo nicht oder nur sehr eingeschränkt ermöglicht. Aus Frustration und Langeweile entwickeln diese Tiere oft Verhaltensstörungen, insbesondere Stereotypien, also sich ständig wiederholende Verhaltensmuster ohne erkennbaren Zweck. Dabei besteht ein Zusammenhang zwischen der Größe des natürlichen Reviers und der Schwere dieses Problems. Eisbären, mit den größten Revieren aller Raubtiere, neigen in Zoos auch am stärksten zu Stereotypien. Offenbar kann man diesen Tieren im Zoo nur sehr schlecht gerecht werden, wobei dies nicht in erster Linie am mangelnden Platzangebot liegt, sondern an den fehlenden Herausforderungen, die mit Beutezügen in freier Wildbahn verbunden sind.

TIERRECHTE: Welche Schwierigkeiten treten bei Elefanten und Menschenaffen auf?

HANNO WÜRBEL: Bei Elefanten überwiegen soziale Probleme, da es oft schwierig ist, langfristig stabile soziale Gruppen zu bilden und aufrechtzuerhalten, was zu sozialem Stress führen kann. Zudem werden Weibchen oft zu früh in die Nachzucht eingebunden, was mit Problemen im mütterlichen Verhalten und dadurch mit erhöhter Jungensterblichkeit verbunden ist. Eine beeinträchtigte Sozialisierung durch mangelhaftes mütterliches Verhalten und instabile soziale Gruppen kann später zusätzlich zu sozialen Spannungen sowie Verhaltensstörungen führen. Den sozial und kognitiv sehr hoch entwickelten Menschenaffen ist in Gefangenschaft grundsätzlich kaum gerecht zu werden. Insbesondere bei diesen Tieren stellt sich zunehmend die Frage, ob wir es ethisch überhaupt noch vertreten können, sie zum Zweck der Zurschaustellung zu instrumentalisieren. Doch auch bei manchen Vogelarten in ihren doch meist sehr begrenzten Volieren habe ich ein ungutes Gefühl. Allerdings liegen hierzu leider kaum gute Untersuchungen zu den Auswirkungen auf das Wohlergehen vor.

TIERRECHTE: Wie beurteilen Sie das Argument, dass Zoos zum Erhalt bedrohter Arten beitragen?

HANNO WÜRBEL: Das ist schwer zu beurteilen. Zoos bemühen sich zumindest, zum Arterhalt beizutragen, und es gibt ja auch Beispiele geglückter Wiederansiedlungen. Heute setzt sich jedoch zunehmend die Einsicht durch, dass der Erhalt bedrohter Tierarten hauptsächlich über den Schutz der natürlichen Lebensräume vor Ort zu gewährleisten ist. Somit wird sich dieser Beitrag in Zukunft wohl eher noch verringern.

TIERRECHTE: Immer wieder kommt es vor, dass im Zoo gehaltene Tiere ihren Nachwuchs verstoßen. Vonseiten der Zoos wird dies zum Teil als natürliche Verhaltensweise angesehen und mit dem Verhalten in Freiheit gleichgesetzt. Stimmen Sie dem zu?

HANNO WÜRBEL: Dass Neugeborene verstoßen werden, kommt in der Natur durchaus vor. Unter Gefangenschaftsbedingungen kommt es jedoch häufiger vor. Zudem stellt sich nur unter Gefangenschaftsbedingungen die ethische Frage, was mit den verstoßenen Tieren weiter geschehen soll.

TIERRECHTE: Und wie beurteilen Sie sogenannte Handaufzuchten von Jungtieren?

HANNO WÜRBEL: Handaufzuchten stehe ich grundsätzlich kritisch gegenüber. Von verschiedenen Tierarten ist bekannt, dass Handaufzuchten mit einem erhöhten Risiko für spätere Verhaltensstörungen und Probleme bei der Gruppenhaltung verbunden sind. Das bedeutet nicht, dass alle handaufgezogenen Tiere verhaltensgestört enden. Doch allein aufgrund des erhöhten Risikos muss zumindest ein erheblicher übergeordneter Nutzen vorliegen, um Handaufzuchten zu rechtfertigen, beispielsweise wenn es sich um ein im Rahmen eines Artenschutzprogrammes wichtiges Nachzuchttier handelt.

TIERRECHTE: Was passiert mit im Zoo geborenen Tieren nicht bedrohter Arten, wenn für diese Tiere dort kein Platz mehr ist?

HANNO WÜRBEL: Man versucht, die Tiere anderswo zu platzieren, oder sie werden getötet. Man muss sich bewusst sein, dass das Züchten von Tieren auch mit dem Töten von Tieren verbunden ist, da sich in den wenigsten Fällen genau so viele Tiere züchten lassen, wie auch gehalten werden können. Bei fachgerechter Tötung ist dies aus meiner Sicht allerdings kein erhebliches Tierschutzproblem. Das Töten von Tieren wird ja von unserer Gesellschaft für weit trivialere Bedürfnisse toleriert. Den Zoos ist das Thema allerdings unangenehm, da es das gern benutzte Bild der Arche Noah beeinträchtigt. Genau solche Themen müssen jedoch meiner Meinung nach von den Zoos aktiver thematisiert werden, nicht zuletzt im Rahmen ihres eigenen Bildungsauftrags.

TIERRECHTE: Ist ein Zurschaustellen von Tieren - um was es sich auch bei großzügiger angelegten Zoos letztendlich handelt - heute noch zeitgemäß?

HANNO WÜRBEL: Darüber kann man sich streiten. Aufgrund der zunehmenden Sensibilisierung der Öffentlichkeit für Tierschutzbelange ist dies bei einigen Tierarten, wie beispielsweise Menschenaffen, zumindest fraglich. Vor allem aber kann das Zurschaustellen von Tieren heute nur noch dann gerechtfertigt werden, wenn die Tiere auch tatsächlich verhaltensgerecht untergebracht und artgemäß ernährt und gepflegt werden. Insofern müssten Zoos noch viel weiter über die Mindestanforderungen an die Käfighaltung hinausgehen, und bezüglich haltungsbedingter Verhaltensstörungen, wie beispielsweise Stereotypien, sollte sich ganz klar eine Null-Toleranz-Haltung durchsetzen.

TIERRECHTE: Nach eigenen Aussagen wollen Zoos auch zu einem besseren Verständnis für Tiere beitragen und Möglichkeiten bieten, Tiere hautnah zu erleben. Doch braucht es den Zoo dafür wirklich oder geht dies auch anders?

HANNO WÜRBEL: Natürlich geht dies auch anders, und insbesondere das Fernsehen mit immer besseren Tierdokumentationen auf immer größeren Bildschirmen ist da natürlich eine ernsthafte Konkurrenz. Allerdings ist es schon so, dass nichts über den direkten Kontakt geht, wo auch Gerüche und Geräusche zum Tragen kommen und wo man da hinschauen kann, wo man selbst will. Ob es dafür jedoch in jedem Zoo die schwer zu haltenden Exoten wie Eisbären, Elefanten und Menschenaffen braucht, ist fraglich. Stadtzoos könnten heutzutage gut auch Hausrinder oder Hausschweine unter naturnahen Bedingungen oder sogar in einem landwirtschaftlichen Rahmen ausstellen, was ja heute kaum noch ein Stadtkind je zu Gesicht bekommt. Ich habe auch schon Zoos gesehen, in denen Ratten ausgestellt waren in Bühnenbildern verlassener Wohnküchen mit Speiseresten und Küchenabfällen. Auch so was kann ein Renner sein und trägt vermutlich mehr zu einem besseren Tierverständnis bei, zumal es sich dabei um Tiere aus unserer Umwelt handelt, von denen wir mitunter nur sehr eingeschränkte Bilder haben.

TIERRECHTE: Welche Bedeutung messen Sie heute Zoos hinsichtlich Bildung und Erholung zu?

HANNO WÜRBEL: Zoos sind sicherlich immer noch sehr beliebte Freizeitinstitutionen, insbesondere für Familien mit kleinen Kindern. Auf dem typischen Familiengang durch den Zoo kommt der Bildung allerdings ein eher beschränkter Stellenwert zu. Knöpfe, die man drücken kann, um bestimmte Tierstimmen zu hören und Schautafeln, auf denen die Maximalgeschwindigkeiten von Schildkröte, Strauß und Gepard vergleichend dargestellt sind, sind diesbezüglich aber auch eher fragwürdig.

TIERRECHTE: Haben Sie Vorschläge für oder Forderungen an die Zoos?

HANNO WÜRBEL: Einige habe ich bereits angesprochen. Auf schwer zu haltende Tierarten eher verzichten, dafür zum Beispiel sogenannte 'Schädlinge' wie Mäuse oder Ratten in natürlichen oder auch anthropogenen Lebensräumen wie Kanalisationssystemen oder Vorratskammern zeigen. Ebenso Haustiere wie Rind oder Schwein oder auch Hunde und Katzen in naturnahen oder auch landwirtschaftlichen Lebenssituationen ausstellen. Weiterhin könnte der Bildungsanspruch vermutlich besser eingelöst werden, wenn statt der heute üblichen Illusion natürlicher Lebensräume vermehrt künstlich anmutende, dafür wirklich tiergerechte Formen des Reizangebots und der Gehegestrukturierung eingesetzt würden. Diesbezüglich sind landwirtschaftliche Tierhaltungssysteme viel innovativer. Damit ließen sich die artspezifischen Ansprüche von Tieren an ihre Umwelt auch viel besser veranschaulichen. Schließlich muss neben dem zunehmend weniger bedeutenden Artenschutz endlich auch der Tierschutz ein Thema werden. Und zwar nicht nur, indem man ihm Genüge tut, sondern indem Tierschutzprobleme bei der Tierhaltung thematisiert und sichtbar gemacht werden. Auch dies wäre ein ernsthafter Beitrag zum Bildungsanspruch der Zoos.

TIERRECHTE: Herr Prof. Würbel, vielen Dank für das Interview.

Quelle: tierrechte - Nr. 41/August 2007, S. 8-9 Infodienst der Menschen für Tierrechte - Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V. E-Mail: info@tierrechte.de Internet: www.tierrechte.de

     

Bruder Affe

Affen gehören in die Familie der Menschen oder Menschen in die Familie der Affen. Was bedeutet das für uns – und was für sie?

 

von Volker Sommer

Wahre Goldgruben sind die Kothaufen. Und sie rennen nicht weg. Denn das tun die Produzenten der geruchsmächtigen Hinterlassenschaften leider zu oft. Obwohl wir ihnen seit vier Jahren durchs Unterholz nachsteigen. Als Nestbeschmutzer können sie jedenfalls nicht gelten. Bei der Morgentoilette recken sie den Allerwertesten säuberlich über den Rand des Schlafnests. Bis die Mitglieder der Gashaka-Kommunität ihre Geschäfte ungerührt vor unseren Augen verrichten werden, mag durchaus ein Jahrzehnt vergehen. So lange dauerte es andernorts in Afrika, bis wilde Schimpansen sich an neugierige Primatologen gewöhnt hatten.

Doch selbst an dem verlassenen Schlafplatz im Gashaka-Gumti-Nationalpark in Nigeria haben wir alle Hände voll zu tun. Beispielsweise wüssten wir gerne, ob auch «unsere» Schimpansen Schlankaffen, Schweine oder Waldantilopen jagen. Mein britischer Doktorand Andrew Fowler durchstochert die Exkremente nach Knochenresten. Wieder Fehlanzeige. Sind die nigerianischen Schimpansen zu faul zum Beutemachen? Oder zu dumm? Gibt es genügend andere Nahrung?

Unser einheimischer Feldassistent Hammounde hält sich naserümpfend fern. Der Kot stinkt, denn Schimpansen sind wie Menschen Allesesser. Hammounde untersucht lieber die Nester. Welche Baumart wurde gewählt? Wie wurden Äste und Blätter verwoben? Wir wollen herausfinden, ob die Schimpansen ortstypisch bauen, ob sie lokale Architekturen entwickelten. Und warum überhaupt bauen Schimpansen Nester? Brauchen sie schlicht bequeme Nachtruhe, um ihr beträchtliches Gehirn zu regenerieren?

Andrew gibt die Fäkalien in eine Tüte, um sie im Camp in flüssigen Stickstoff einzulagern. Es grenzt an Zauberei, was Labors da an Information herausholen werden. Die DNS ausgeschiedener Darmzellen erlaubt beispielsweise, das Geschlecht zu bestimmen und damit, ob Männchen Nester anders bauen als Weibchen. Ausserdem lässt sich der Kot als Speisezettel lesen, weil jede verzehrte Pflanzenart ein unverwechselbares Profil ungesättigter Fettsäuren hinterlässt. Durch unsere Detektivarbeit wollen wir aber nicht nur mehr über Schimpansen lernen, sondern auch mehr über unsere eigene Herkunft. Denn wie wir wurden, was wir sind: In der Hinsicht halten uns Affen den Spiegel vor. Es diente unserer Selbsterkenntnis ungemein, dass Charles Darwin 1871 behauptete, der Mensch stamme vom Affen ab. Damit stellte er jenes Schema auf den Kopf, wonach der von Gott engelgleich erschaffene Mensch durch die Sünde zu Fall kam. Darwin kehrte den «Abstieg von den Engeln» um in einen «Aufstieg von den Affen», machte aus einer eher schmeichelhaften «Devolution» eine ernüchternde «Evolution».

Noch immer fühlen sich Menschen hierdurch in ihrer Würde verletzt, sehen sie Affen doch als Karikaturen, als unvollkommene Entwürfe für die Krone der Schöpfung. Und Geisteswissenschafter postulieren noch immer dogmatisch einen unüberbrückbaren Graben zwischen «dem Tier» und «dem Menschen». Dabei kann es so faszinierend sein, sich dem Evolutionsgedanken radikal zu öffnen, sich als lediglich eine besondere Art von Tier zu begreifen. Für mich ist es nicht erniedrigend, sondern erhebend, mit allen anderen Lebensformen verbunden zu sein durch einen äonenalten Strom von Generationen. Ich gehöre zu jenen Anthropologen, die den Menschen im Tier ebenso eifrig suchen – also anthropomorphisieren – wie das Tier im Menschen – also zoomorphisieren.

Als Jane Goodall vor mehr als vierzig Jahren ihre bahnbrechenden Beobachtungen an wilden Schimpansen in Tansania begann, wurde ihr vorgeworfen, nicht objektiv zu sein. Denn statt Nummern gab sie ihnen Namen, David Greybeard etwa oder Hugo. Durchaus nicht unangemessen für Wesen, die Werkzeuge herstellen, Kriege mit Nachbarn führen, sich in Menschenobhut verständigen mit Hunderten von Handzeichen oder einer Computertastatur. Weil wir inzwischen so viel gelernt haben über das, was Menschenaffen können, hielt ich es für angemessen, die Goodall-Tradition umzudrehen: Mein Sohn Kalind ist nach einem Menschenaffen benannt.

Affen sind den Menschen nahe, aber die Nähe ist nur ein Beinahe. Das führt zu einem Dilemma:

Weil uns hinreichend ähnlich, werden unsere Verwandten als abgerichtete Witzfiguren in Fernsehen und Zirkus missbraucht, zum Anstarren in Zoos eingesperrt oder als Lieferanten von Blut und Organen ausgeschlachtet.

Sie gelten jedoch zugleich als hinreichend verschieden von uns, so dass ihnen keine Rechte zustehen. Den Graben zwischen uns und ihnen schüttet aber nicht nur die Verhaltensforschung rasant zu, sondern auch die moderne Genetik. Wie wir in Nigeria sammeln Primatologen vielerorts Haare oder Darmzellen, aus denen sich molekularbiologische Marker extrahieren lassen. Und was sich da an Einsicht zusammenbraut, revolutioniert unser Weltbild.

Demnach ist es wissenschaftlich unhaltbar, überhaupt zwischen Menschen und Menschenaffen zu unterscheiden. Vielmehr belegen Vergleiche von Proteinen, Chromosomen und Genen, dass sich von der gemeinsamen Urform zunächst die Orang-Utans abspalteten, vor 12 bis 13 Millionen Jahren, bevor die Gorillas, vor 7 bis 8 Millionen Jahren, einen eigenen Weg einschlugen. Die Stammform von Menschen und Schimpansen spaltete sich hingegen erst vor 5 bis 6 Millionen Jahren auf. Die Schimpansen teilten sich vor 2 Millionen Jahren nochmals in die Formenkreise Schimpanse (Pan troglodytes) und Bonobo (Pan paniscus) .

Somit stehen Schimpansen den Menschen näher als den Gorillas! Durchaus angebracht also wäre es, Menschen als «dritte Schimpansen» zu begreifen. Manche Molekularbiologen fordern sogar radikalere Umbenennungen. Schon seit gut zwei Jahrzehnten gilt das Erbgut von Schimpanse und Mensch als zu 98 bis 99 Prozent identisch. Laut einer Arbeit, die in diesem Juni von einem Forschungsteam um Morris Goodman publiziert wurde, stimmen bestimmte Gensequenzen zu 99,4 Prozent überein. Goodman plädiert deshalb dafür, Schimpansen und Bonobos endlich in die ausschliesslich für Menschen reservierte Gattung Homo aufzunehmen. In der Tat: Selbst der begnadetste Haarspalter muss bei 0,6 Prozent Unterschied einfach aufgeben, soll das System zoologischer Klassifikationen nicht ad absurdum geführt werden.

Zooschilder auf «Homo troglodytes» und «Homo paniscus» ändern zu müssen, würde bloss unseren Stolz verletzen. Wenn Schimpansen und Bonobos jedoch zur Gattung Mensch zählen – macht sich Homo sapiens dann nicht des Genozids schuldig? Und müssten wir unseren Mit-Menschen nicht Menschenrechte zugestehen? Genau das fordert der australische Philosoph Peter Singer seit 1993 für die grossen Menschenaffen, unterstützt von namhaften Primatologen wie Jane Goodall, Biruté Galdikas, Roger Fouts, Toshisada Nishida und Takayoshi Kano. Sie alle halten Menschenaffen für Personen und wenden sich gegen die Zerstörung ihrer natürlichen Heimaten, ihre Tötung bei der Jagd und ihre Verwendung in biomedizinischen Labors.

Extrembeispiele: In den USA werden Schimpansen mit Hepatitis oder Aids infiziert; sie sterben qualvoll oder siechen über Jahrzehnte in Einzelhaft dahin. Andere Eingriffe sehen vor, ihnen die Bandscheiben zu entfernen, worauf die Wirbel zusammenwachsen und sie zu Krüppeln werden. Wer kann solche Grausamkeit rechtfertigen, wenn handfeste Forschung nahelegt, was dem Gemeinsinn ohnehin klar ist: dass Affen ähnlich wie wir denken und fühlen und somit leiden können? Menschen derart zu missbrauchen, verbietet sich von selbst. Und genau dieses Selbstverständnis sollte auch auf unsere Mitprimaten zutreffen.

Viele Affenforscher sehen das anders. Man könne Menschenaffen keine Rechte zubilligen, da sie keine Pflichten übernähmen und wir sie nicht fragen könnten, ob sie überhaupt zur Gemeinschaft der Gleichen zählen wollten. Dies sind jedoch schwache Argumente; folgt man ihnen, müssten pflicht- und sprachlose Menschen ebenfalls von Grundrechten ausgeschlossen werden – Säuglinge etwa, geistig Behinderte oder Kranke im Koma. Deren Interessen aber werden vertreten von Verwandten oder Richtern; eine ähnliche Vormundsrolle käme Fürsprechern für Orang-Utans, Gorillas, Schimpansen und Bonobos zu. Anderen gehen die Forderungen nicht weit genug: Warum sollen Paviane oder Rhesusaffen ausgeschlossen werden? Und was ist mit hochintelligenten Walen, Elefanten oder Papageien?

Zudem: Müssen Menschenaffen bestraft werden, wenn sie Konkurrenten oder Babies umbringen? Was etwa soll mit jenem Schimpansen geschehen, der letztes Jahr der Frau eines tansanischen Wildhüters das Kind aus dem Wickeltuch raubte und teilweise aufass?

Derlei Fragen lassen sich in Ruhe gar nicht mehr überlegen – bald wird es kaum noch wilde Menschenaffen geben. In nur 23 Ländern und zunehmend aufgesplitterten Populationen überleben vielleicht noch 250 000, gerade zwei Drittel der Einwohnerzahl von Zürich. Ihr Lebensraum wird flächendeckend zerstört, nicht zuletzt wegen unserer Konsumbedürfnisse. Im Kongobecken sägt die Firma Danzer aus Pforzheim Edelhölzer um; die deutsche Gesellschaft für technische Zusammenarbeit öffnete im Osten des Kongo durch Strassenbau einen Nationalpark für illegale Siedler; um das Entlausungsmittel «Goldgeist» aus der Pyrethrum-Blume zu gewinnen, wurde der Virunga-Park in Rwanda dezimiert; Bürgerkriege und Flüchtlingsströme berauben die Affen ihrer Existenzgrundlage.

Selbst wir, die wir mit unserer Forschung im afrikanischen Busch praktischen Naturschutz betreiben, indem wir Wilderer abschrecken, Einheimischen Arbeit verschaffen, den Tourismus ankurbeln – selbst wir entgehen schuldhafter Verstrickung nicht. So lebten im kongolesischen Kahuzi-Biega-Park noch vor vier Jahren Tausende von Gorillas; praktisch alle wurden massakriert und aufgefressen von jenen, die dort illegal nach Coltran graben. Dieses Erz wird in Mobiltelefonen verwendet – auch in der Satellitenanlage, die unsere Feldstation mit der Aussenwelt verbindet. Ölmultis rotteten Schimpansen im weiten Nigerdelta aus – was uns Treibstoff für Geländefahrzeuge beschert. Und das Palmöl, mit dem wir im Camp Zwiebeln schmoren, stammt aus Plantagen, für die Urwälder gerodet wurden.

Es ist wahrlich eine Affenschande, dass Milliarden von Dollars ausgegeben werden, um auf dem Mars nach einem Fünkchen Leben zu suchen, während wir praktisch tatenlos zusehen, wie unsere Blutsverwandten vom Antlitz der Erde getilgt werden. Und das gerade jetzt, wo Forschungen in Labor und Wildnis gleichermassen suggerieren, dass unsere haarigen Cousins eigentlich unsere haarigen Geschwister sind.

Den Mythos vom Menschen als einzigem Kulturwesen haben Schimpansen jedenfalls entzaubert. Wie Kollegen andernorts fertigen auch unsere nigerianischen Menschenaffen ein Arsenal an Werkzeugen. Sie schälen die elastischen Mittelrippen aus grossen Blättern, um Ameisen oder Termiten aus ihren Bauten zu angeln. Die Enden kurzer Stöckchen zerkauen sie zu Bürsten, was die Oberfläche vergrössert und mehr Insekten zum Anbeissen veranlasst. Mit langen Ästen fangen sie wild beissende Treiberameisen aus sicherer Distanz. Im Kot finden wir zuweilen unverdaute Blätter, an denen Würmer hängen. Die rauhen Spreiten wurden sorgsam gefaltet und unzerkaut geschluckt – ein starker Beleg für die erst kürzlich entdeckte Fähigkeit der Menschenaffen zur Selbstmedikation. Der Disziplin der Ethnobotanik tritt jene der Zoopharmakologie zur Seite.

Unser Projekt widmet sich den erst kürzlich als Unterart anerkannten nigerianischen Schimpansen, was wertvolle Vergleiche mit anderen Bevölkerungen ermöglicht. Denn es scheint, dass jede Schimpansengemeinschaft über ein unverwechselbares Repertoire an Gewohnheiten verfügt. Interessant sind vor allem jene, die nicht auf Umwelteinflüsse zurückgehen. In manchen Gegenden, aber eben nicht allerorten, fassen sich Schimpansen bei der gegenseitigen Fellpflege an den hochgereckten Händen, oder sie betupfen Wunden mit Blättern, kratzen sich mit Steinen oder Ästen und springen bei beginnendem Regen erregt herum. Über Arme, Blätter, Steinchen oder Beine zum «Regentanz» verfügen Schimpansen aber überall. Mithin wurden diese Traditionen örtlich entwickelt und sozial weitergegeben: ein kultureller Transfer.

Ein anderes Beispiel: In Westafrika werden hartschalige Nüsse unter Einsatz von Hämmern und Ambossen aus Stein oder Holz geknackt. Das Schweizer Forscherpaar Christophe und Hedwig Boesch dokumentierte, dass die nur spärlich vorkommenden Hämmer manchmal über einen halben Kilometer zu den Bäumen geschleppt werden, unter denen dann regelrechte Nussschmieden entstehen. Ostafrikanische Schimpansen hingegen zerschlagen keine Nüsse; ihre Populationen brachten offenbar keine genialen «Knacker» hervor.

Wie wir bei Menschen von einem japanischen oder französischen Kulturkreis sprechen, erlauben die äffischen Brauchtumsprofile den Primatologen, Schimpansen etwa der ostafrikanischen Gombe-Kultur oder der westafrikanischen Taï-Kultur zuzuordnen. Dies bedeutet übrigens, dass der gegenwärtige Holocaust an Menschenaffen nicht nur die Biodiversität des Planeten verarmen lässt, sondern auch seine kulturelle Vielfalt.

Mit jedem weiteren Forschungstag mausert sich die Schimpansenforschung mehr zur Völkerkunde, ergänzt sich die Anthropologie durch Panthropologie. Damit ist eine paradoxe Situation enstanden. Während die Liste von Gemeinsamkeiten wächst, verkürzt sich die der Verschiedenheiten. Und dennoch: Obwohl ich das Etikett Affenmensch durchaus nicht als ehrenrührig empfinde, wird mich kaum jemand mit einem Schimpansen verwechseln. Zumal mir die Zunge aus dem Hals hängt beim Versuch, ein Kliff zu bezwingen, das die Schimpansen soeben spielerisch erklettert haben. Der ach so kleine Unterschied von 0,6 Prozent muss es in sich haben. Einerseits könnte es sein, dass selbst identische Gensequenzen ganz verschiedene Regulationen auslösen. Andererseits wurden bisher nur Gene untersucht, deren Funktion bekannt ist. Doch die Bauanleitung dafür, dass Schimpansen sechsmal stärker sind als ich, steckt vielleicht in der beträchtlichen «Müll-DNS», die noch kaum erforscht ist. Auf jeden Fall verlangen Molekularbiologen wie der Schweizer Pascal Gagneux in Verlängerung des Human Genome Project ein Great Ape Genome Project, das die Erbanlagen von Menschenaffen komplett entschlüsseln soll.

Dafür brauchten wir Körbe voll Kot aus aller Herrentiere Ländern. In der breitgefächerten Artenvielfalt, die wir benötigten, um ihre polygenetischen und multikulturellen Dimensionen wirklich zu verstehen, werden unsere nächsten Verwandten allerdings kaum überleben. Deshalb flüchte ich gern in evolutionsbiologischen Fatalismus. Demnach gibt es kaum einen rationalen Grund, das Artensterben zu bedauern. Ich kann mich auf keine gottgegebene Ordnung berufen, nach der es auf Erden maximal sechs Milliarden Menschen geben soll und dafür mehr Menschenaffen. Und wieso sollten Schimpansen ein höheres Existenzrecht haben als Kühe? Wieso sollen Menschen nicht den ganzen Planeten ummodeln? Schliesslich ist unsere Konkurrenzstärke ebenfalls ein Produkt der Evolution.

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Sosehr mich dies intellektuell überzeugt, mein ästhetisches Lebensgefühl rebelliert dagegen. Weil ich mehr möchte als nur Menschen und Maiskolben. Ich will Vielfalt, wie ich sie in den Wäldern Gashakas finde. Da die einheimischen Muslime kein Affenfleisch essen und der Nationalpark so abgelegen ist, tummeln sich hier noch Tausende von Primaten. Allerorten bellt Gogo, wie der Grüne Pavian auf Hausa heisst, lugt Bakinbiri aus dem Laub, die Weissnasenmeerkatze, tönt der Gonglaut von Gimchiki, der seltenen Mona-Meerkatze, wuselt Kirikaa, die Grüne Meerkatze, und singt Biri mai roro – «der Affe, der ruft», wie der schwarzweisse Guereza wegen seiner Morgenchöre genannt wird.

Ganz ungeniert anthropozentrisch schlägt mein Herz allerdings besonders für Biri mai ganga, die Affen mit der Trommel. Mit Händen und Füssen hämmern sie Staccatos auf die Flügelwurzeln mächtiger Urwaldbäume – um ihren Status anzuzeigen und mit anderen Grüppchen zu kommunizieren. Welche Geheimnisse mögen die Schimpansen sich wohl per Buschtrommel mitteilen?

Ich bin dankbar für das Privileg, einem solch paradiesischen Pandämonium beizuwohnen. Ach ja, beinahe hätte ich vergessen: Ab jetzt heisst es natürlich Homodämonium.

 

The Gashaka Primate Project

 

Volker Sommer hat an der Universität London den Lehrstuhl für Evolutionäre Anthropologie inne. Seit Jahrzehnten erforscht er wilde Primaten, vor allem indische Tempelaffen, Gibbons im Regenwald Thailands und die Schimpansen Nigerias. Er ist Autor mehrerer Sachbücher, unter anderen «Von Menschen und anderen Tieren» (Hirzel, 2000).

 


Eine Erweiterung der Gattung Mensch

Seit 2007 läuft ein juristisches Verfahren um die Rechte und den Personenstatus des Schimpansen Matthias Pan, genannt Hiasl, der im Wiener Tierschutzhaus lebt. Haben Schimpansen Rechte? Können sie als Personen angesehen werden? Oder sogar als eine Art der Gattung Mensch? Derzeit ist der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte mit der Klärung der Frage befasst, ob, unabhängig von biologischen Kategorien, Schimpansen die Kriterien des rechtlichen Personenbegriffes erfüllen.

 

Theuer, Eberhard: Eine Erweiterung der Gattung Mensch (Interview) in: Tierbefreiung, März 2009. siehe auch:Personhood Trial for Chimpanzee Matthew Pan (VGT/englisch) und 'Ich bin eine Person' (P.M.)

 


Durchtrieben

Affe sammelt Steine für Attacken auf Zoobesucher

Schimpansen planen die Zukunft: Tierpfleger haben beobachtet, wie ein Schimpanse in einem schwedischen Zoo Steine sammelte, um sie Stunden später auf Besucher zu werfen. Er unterhielt sogar mehrere Munitionslager in seinem Freigehege.

 

 

Cambridge - Die Tierpfleger hatten Santino schon länger im Visier. Der Schimpanse war das dominante Männchen in einem Freigehege mit Wassergraben im Zoo von Furuvik in Schweden. Zehn Jahre lang verfolgten drei verschiedene Tierpfleger die Entwicklung des Affen zu einem durchtriebenen Angreifer. Santino begann, seine Besucher zunächst nur gelegentlich mit Steinen zu bewerfen. Die Steinwürfe nahmen jedoch mit der Zeit zu, und bei der Reinigung des Geheges entdeckten die Pfleger schließlich Verstecke, in denen Santino seine Munition aufbewahrte.


Die Pfleger begannen, den Affen zu überwachen und beobachteten, wie er Betonblöcke nach brüchigen Stellen absuchte, Stücke herausschlug und bearbeitete, bis sie als Wurfgeschosse taugten. Algenbewuchs auf versteckten Steinen zeigte außerdem, dass Santino Steine aus dem Wassergraben angelte. Zum Schutz der Besucher räumten die Pfleger immer wieder Munitionslager aus - an mindestens 50 verschiedenen Stellen im Gehege.

Mathias Osvath der Universität in Lund befragte die einzelnen Pfleger zu ihren Beobachtungen und verglich die Antworten. Er kommt zu dem Schluss, dass Santino ein hochentwickeltes Bewusstsein und eine spontane Planungsfähigkeit besitzt. Derartiges habe man in Laborexperimenten bisher nicht nachgewiesen, schreibt Osvath im Fachmagazin "Current Biology" (Bd. 19).


Zwar sammeln wilde Affen Steine zum Knacken von Nüssen oder Stöcke, um Termiten zu fangen, der Grund dafür ist aber eher akuter Bedarf als Vorausplanung, erklärt Osvath. Santino bedenke jedoch eindeutig zukünftige Bedürfnisse, was zeige, dass Schimpansen ein komplexes und hochentwickeltes Bewusstsein besitzen.

hda/ddp

Quelle: SPIEGEL ONLINE Wissenschaft vom 10.03.2009

siehe auch

 


 

no zoo - no circus - no lab

 


 


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